01 Mai Hackenporsche
Spätestens seit Franco Moschino ist Humor aus der Mode nicht mehr wegzudenken. Vom Dadaismus und der Pop-Art inspiriert, ebnete der Italiener in den 1980ern den Weg für den modischen Witz. Pop-Art dürfte auch eine große Inspirationsquelle für Kobi Levi sein, der seit 2011 die Geschichte der modischen Komik weiterschreibt. Und auch wenn humoristische Designs heute an der modischen Tagesordnung sind – man denke nur an Jean Charles de
Castelbajac oder Jeremy Scott – so ist der optische Lacher für kaum eine Designarbeit derart essentiell wie für die eines Kobi Levi: “Ich finde es einfacher, einen Bezug zu lustigen Dingen zu finden und ich glaube, so geht es den meisten Menschen. Witzige und aufregende Designs sind zugänglicher und geben den Menschen ein gutes Gefühl – das finde ich erstrebenswert!”
Einkaufskörbe, Bananen, sich aus einer Kanne ergießender Kaffee – nichts ist zu absurd, banal oder alltäglich, um den Israeli zu seinen Schuhkreationen zu beflügeln. “Ich betrachte gern die Dinge des täglichen Lebens, finde neue Wege sie zu sehen und zu verstehen. Der Großteil meiner Inspirationen kommt also aus den Beobachtungen meines Alltags.” sagt der Designer. Dass dabei geradezu aberwitzige Werke entstehen, ist ob der präzisen und genauen Übertragung von Form und Farbe des Vorbildes aufs Schuhwerk kaum verwunderlich. So gibt ein aufgerissenes Haimaul neben den scharfen Zähnen auch die Ferse der Trägerin frei, spitze, goldene Schuhe mit blonder Mähne erinnern an Madonnas weltberühmte Korsage von Jean-Paul Gaultier und ein Elefantenrüssel wird zum Schuhabsatz. Letzteres sind zwei Eckpfeiler der Designs von Kobi Levi: die Tierwelt und der Absatz. So inszeniert er die Heels oftmals als Tierfüße, charakterisiert sie in seinen Flamingoentwürfen sogar als ein gerades und ein angezogenes Bein. Fast unwirklich – in jedem Fall untragbar – sehen diese waghalsigen Stöckel aus, praktikabel sind seine Kollektionen aber alle. Bequemlichkeit und Nutzen des Schuhwerks sollen nicht hinter dem extraordinären Aussehen zurückstehen. Neben den rosafarbenen Wasservögeln steht auch anderes Federvieh Pate für die jüngste Kollektion: durch farbliche Veränderungen erweitert Levi die Linie um ein schwarzes Straußenmodell und den weißen Storch.
Die zierlichen Absätze kontrastieren mit den schweren, dicken Körpern der Schuhe – eben genau wie beim natürlichen Vorbild. Wie alle seine Designs hat Levi auch die Vogelserie aus bestem Leder und ausschließlich per Hand in seinem Studio in Tel-Aviv gefertigt. Und so vielfältig seine Modellpalette ist, so unterschiedlich sind auch die Arbeitswege, die Kobi Levi bei den einzelnen Produktionen durchläuft. Jedes Design hat Besonderheiten, die eine Wiederbenutzung alter Prozesse kaum möglich machen, jeder Schuh fordert seine ganze Aufmerksamkeit, immer wieder muss er nach neuen Lösungen suchen. Auch für einen weiteren Hersteller von Damenschuhen zu entwerfen schafft er trotzdem. Dass es vor jeder anderen Bekleidungsform die für den Fuß ist, die Levi begeistert, das war schon während seines Studiums an der Bezalel Akademie für Kunst und Design in Jerusalem klar, an der er 2001 seinen Abschluss machte. “Schuhe sind meine Form der Kunst und sie zu entwerfen ist die Designsprache in der ich spreche. Schuhe haben etwas Magisches, das mag ich. Sie sind eine Verlängerung des Körpers, die sein Arrangement und Silhouette komplett verändern kann.” sagt der Designer über seine Liebe zu Schuhen.
Die große Öffentlichkeit hatte er mit seinen skurrilen Modellen vorerst nicht gesucht. Eigentlich eher für Freunde gedacht, denen er seine Arbeiten zeigen wollte, hatte Kobi Levi 2010 damit angefangen, seine neuesten Werke auf einem Blog zu veröffentlichen. Auf derartig absonderliche Designs wurde aber natürlich schnell auch ein großes Publik aufmerksam und der Blog fing eine Art Eigenleben an. Nur zwei Jahre später kann Levi bereits Belgien, Hongkong und die Schweiz neben seinem Geburtsland zu den Orten zählen, in denen sich ganze Ausstellungen seiner Schuhmode widmeten. Damit reiht er sich in eine Tradition an Designern ein, für die der künstlerische Aspekt ihres Berufs und dessen Erzeugnissen eine übergeordnete Rolle spielt. Ähnlich anderen Avantgardisten wie Bernhard Willhelm oder Walter Van Beirendonck gibt Levi seinen Entwürfen ein Eigenleben, eine Funktion als Kunstobjekt, die auch ohne den eigentlichen Ausgangspunkt der Mode – den menschlichen Körper – funktionieren und ihre Daseinsberechtigung einfordern. So sind die skulpturalen Schuhdesigns von Kobi Levi wohl eher für museale Zwecke geeignet, als den täglichen Tragekomfort – ein Lächeln entlocken sie dem Betrachter aber in jedem Fall.
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