Super Mario

 

Es gibt berühmte Menschen, deren Werke noch bekannter sind als sie selbst. Mario Testino ist so jemand. Umso spannen- der, den Topfotografen am Set zu erleben und zu sehen, wieviel Mario Testino in seinen Aufnahmen steckt. Beim Shooting für die Spirituosenmarke Cîroc erlebten wir ihn, sein Team und die jungen Celebrities bei der Arbeit. Er ist definitiv eine Persönlichkeit, die nicht nur viel zu zeigen, sondern auch viel zu sagen hat.

Herr Testino, sind Sie der King am Set?

Naja, ich treffe schon die Entscheidungen und in diesem speziellen Fall mit Cîroc, bin ich auch der Creative Director. Aber ich habe kein großes Bedürfnis nach Macht, ich habe nur ein großes Bedürfnis, erfolgreich zu sein. Ich möchte, dass es funktioniert. Es ist nicht die Aufgabe eines Modefotografen ein Bild zu produzieren, das an der Wand hängt, sondern ein Foto zu kreieren, das Begehren in den Betrachtern weckt, zu kaufen und zu konsumieren. Sonst wäre ich ein Kunstfotograf.

Was ist an der aktuellen Location, hier in Sölden, besonders?

Wir haben diesen Ort ausgesucht, weil er einer der höchsten ist, den wir finden konnten, mit ausreichend Platz und einer unglaublichen Aussicht. Mir gefällt der Mix aus modern und Natur.

Wie sehr hat Sie das James Bond Setting inspiriert?

Das ist lustig, denn an James Bond hatte ich gar nicht gedacht. Unsere Inspirationsquelle ist Slim Aarons und der ist fast das Gegenteil von James Bond. Bond ist ein Agent, jemand der bezahlt wird, um einen Job zu machen. Slim Aarons geht es um Lifestyle. Bond ist immer bei der Arbeit. Die Menschen in der Fotografie von Aarons feiern, reisen oder haben Spaß mit Freunden. Heute wurde mir gesagt, dass eine Szene aus James Bond hier gedreht wurde, aber wir hatten diesen Ort schon vorher ausgesucht.

Also war James Bond von Ihnen inspiriert…

Man weiß nie. Heutzutage muss man aufpassen was man kommuniziert. Gestern war ich in Rom und habe mit einigen berühmten Leuten gearbeitet. Überall wo wir waren, wurden wir fotografiert. Plötzlich wurde mir bewusst, dass in der Welt in der wir leben, alles was wir tun kommuniziert wird, bevor wir es überhaupt getan haben …

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Ärgert Sie das nicht, dass Sie so viel Arbeit in ein Shoot investieren und dann sind die Resultate schon vorher sichtbar?

Ja das ist mein Shoot, meine Idee und mein Konzept. Heutzutage kann man aufgrund von Instagram aber nicht mehr im Sinne eines Urhebers denken. Ich poste Fotos auf Instagram und am nächsten Tag stehen sie in Zeitungen und darunter steht: „Von Mario Testino auf Instagram gepostet“. Die Arbeit ist öffentlich und jeder hat Zugriff darauf, deshalb haben Fotografen plötzlich keine Kontrolle mehr über ihr Werk. Gleichzeitig eröffnet es neue Möglich- keiten, indem wir in die Welt der schnelleren Kommunikation eintreten. Als Fotograf kann man nicht nur an die Macht des eigenen Fotos denken, sondern man muss auch an die Macht seines Namens denken. Es ist eine andere Her- angehensweise.

Instagram hat es Amateurfotografen einfacher gemacht, Fotos mit Hilfe von Filtern professionell aussehen zu lassen. Ist es für einen klassischen Fotografen schwer, den Unterschied zwischen seinen und den Amateurfotos zu zeigen?

Nein, ich glaube nicht. Ich liebe all die Apps auf Instagram, sie helfen mir auch und lassen meine Fotos schnell besser aussehen. Ich glaube, dass der In- halt der Fotos den Unterschied macht, denn der gehört mir und stammt aus meinem Kopf. Wir könnten alle eine Kamera zur selben Zeit am selben Ort benutzen, aber unsere Fotos würden alle unterschiedlich sein. Der Inhalt ist so persönlich. Ich finde es toll, dass Fotografie allen zugänglich geworden ist, denn so wird den Leuten bewusst, wie schwer es wirklich ist, ein gutes Foto zu machen. Ich verbringe Stunden damit, ein Foto zu perfektionieren.

Was inspiriert Mario Testino?

Leben! Ich mag die Menschen und das Leben. Ich bin sehr neugierig. Ich war noch nie Skifahren und ich glaube auch nicht, dass ich es je tun werde. Ich ziehe den Strand vor. Also ist Sölden und der Gletscher etwas ganz Neues für mich. Alles ist anders, aber ich finde das aufregend, wie zum Beispiel heraus- zufinden, dass die Kissen aus hartem Filz sind… mein Leben ist von der Neu- gierde gesteuert. Ich habe mal auf Instagram geschrieben: „Das Leben hat 365 Tage und ich möchte, dass jeder Einzelne einzigartig ist!“. Jeden Tag kann ich neue Leute treffen, mich neuen Situationen stellen. Das treibt mich an.

Habe Sie eine Muse?

Kate Moss ist und war schon immer meine Muse. Sie ist nicht nur wunderschön, sondern auch aufregend und interessant, eine echte „bonne vivante“. Jemand, der das Leben wirklich genießt. Und das ist ansteckend.

Als wir Sie fragten, wie es um Ihre Work-Life Balance steht, haben Sie gesagt „Die Arbeit ist mein Leben“. Was bleibt für Sie persönlich an Zeit übrig?

Mein Leben macht Spaß! Ich bin hier mit Ihnen und es ist Arbeit, aber ich rede über mich. Ich bin nicht dafür gemacht, eine Straße zu pflastern. Natürlich nehme ich mir auch mal frei. Morgen fliege ich für zehn Tage nach Peru. Ich habe aber nicht ganz frei, nur vom Fotografieren. Aber ich habe dort ein Museum, das expandiert.

Sind Sie auch alleine oder sind Sie immer umgeben von Crew und Familie?

Natürlich gibt es Momente in denen ich alleine bin. Das ist wichtig. Manchmal muss man auch sagen: „Halt die Klappe!“. Ich bin in einer Familie mit sechs Kindern aufgewachsen. Mein Vater hatte sechs Brüder. Zwei von seinen Brüdern hatten ebenfalls sechs Kinder. An einem durchschnittlichen Wochenende waren wir 20 Kinder. Einsam war es da nie. Ich komme aus Lateinamerika und meine Natur ist lateinamerikanisch. In unserem Leben geht es nicht um Einsamkeit, sondern um Spaß und Freunde.

Wie entspannen Sie sich?

Ich müsste mich mehr entspannen, aber es fällt mir sehr schwer. Ich schlafe täglich zwischen sechs und acht Stunden und habe alle zwei Wochen einen Tag frei. Früher habe ich dann oft Galerien besucht. Seit fünfundzwanzig Jahren sammle ich Kunst. Im Moment pausiere ich, weil es zu einer richtigen Besessenheit wurde.

Und Sie brauchen mehr Platz für Ihre Kunst.

Ich habe keinen Platz mehr, ich gebe zu viel Geld für das Lagern aus. Inzwischen sammelt jeder Kunst. Es ist unglaublich! In den ersten zehn Jahren war ich einer der Wenigen, heute kenne ich nicht eine Person, die keine Kunst kauft. Als Konsequenz sind die Preise außer Kontrolle geraten und es gibt nicht sehr viel gute Kunst, und die, die gut ist, ist lächerlich teuer.

Was haben Sie gesammelt?

Sehr viele zeitgenössische Werke. Am Anfang habe ich nur Künstler gesammelt die Fotografie als Medium nutzten, aber dann habe ich mich gefragt, warum ich mich so einschränke. Ich hasse Einschränkungen. Jetzt sammele ich auch Gemälde und Skulpturen. Das Einzige, was ich nicht sammle ist Film, weil man sich da die Mühe machen muss, ihn auch zu anzuschauen. Ich ziehe Sachen vor, die man ohne extra Aufwand wahrnehmen kann.

Sie leben also mit der Kunst?

Ja überall. Und ich verändere sie ständig. Manche Leute, die Kunst sammeln, würden an eine meiner Wände ein einziges Bild hängen, ich allerdings, habe dort achtzehn Bilder hängen…

Dann sammeln Sie eher kleine Stücke?

Nicht nur, ich mische. Ich glaube, aufgrund meiner Tätikeit als Fotograf, sammle und hänge ich meine Kunstwerke auf wie Fotos. Ich hänge alle zusammen und sie werden zu einem neuen Stück, wie eine Collage.

Vorhin haben Sie erwähnt, dass Ihr Museum in Peru expandiert. Auf welche Weise?

Es ist ein altes Haus aus dem Jahr 1850, wunderschön. Ich habe es restauriert und überlegt, dass das Hauptgebäude mit sieben kleinen Zimmern ein guter Ort für wechselnde Ausstellungen ist. Einen kleinen Raum im hinteren Teil habe ich Diana gewidmet, denn das sind die Bilder, die mich wirklich berühmt gemacht haben. Im anderen habe ich in der Mitte des Raumes das Kleid von Donatella Versace aufgebaut – jenes Kleid, welches ich für das Cover der Vanity Fair benutzt habe.

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Werden Sie mit Ihren Ausstellungen Reisen?

Ich mache meine Shows getrennt voneinander. Im Moment habe ich eine Ausstellung in Berlin, namens „In your face“. Außerdem eine reisende Ausstellung die „Private View“ heißt. In meinem Museum in Peru möchte ich die Werke peruanischer Künstler aus Südamerika und Europa zeigen.

Was fällt Ihnen als Erstes auf wenn Sie jemanden treffen?

Alle sagen immer zu mir, dass mein Team so gut aussieht, was es auch tut, aber die Mitarbeiter sind auch freundlich, bescheiden und talentiert. Sie sind immer hilfsbereit und drängen sich nie in den Vordergrund. Danach suche ich, aber diese Qualitäten sind schwer zu finden. Es ist schon so, dass ich möchte, dass sie gut aussehen, denn wir leben in einer Welt der Schönheit und wir fotografieren jeden Tag Frauen. Wenn Frauen gutaussehende Männer sehen, fangen sie an zu flirten und das macht meine Bilder lebendig. Ich verbringe jeden Tag mit diesen Menschen, ich lebe mit ihnen, ich esse mit ihnen, ich jogge mit ihnen. Deshalb müssen sie auch nett sein – und trotzdem bereit sein, jeden Tag hart zu arbeiten, von 8:00 Uhr morgens bis 9:00 Uhr abends.

Wissen Sie immer sofort, ob ein Bild so funktioniert wie Sie es sich vorstellen?

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass alles funktionieren kann, wenn man bereit ist, Arbeit zu investieren. Ich suche nach Dingen, die ich nicht kenne. Wenn man Kunst kauft, kauft man meist das, was einem gefällt. Das ist ein Fehler! Denn was einem gefällt, das kennt man. Da ist kein Platz für Wachstum. Über die Jahre bin ich zu der Ansicht gekommen, dass es besser ist, das zu kaufen, was einen verwundert. Das ist, wie wenn man im Restaurant mal etwas Neues probiert anstatt immer das Gleiche zu essen.

Sie haben gesagt, dass Sie bei dieser Kampagne von Slim Aarons inspiriert waren. Er hat Bilder von Berühmtheiten der 30er und 40er Jahre aufgenommen. Sie wollen diese Momente des Glücks in einen zeitgenössischen Kontext bringen. Unterscheidet sich das Fotografieren von Menschen in den 30er und 40ern zu denen von heute?

Slim Aarons hat nicht Celebrities fotografiert, sondern Familien, die ein Jetset-Leben geführt haben. Ich glaube es gibt wenige Bilder von solchen Menschen. Heutzutage ist diese Lebensweise nicht mehr von Reichtum, sondern von Neugierde getrieben, von Menschen, die leben möchten. Heute kann jeder ein Jetsetter sein, denn man braucht dafür kein Geld. Man kann mit Ryanair überall hinfliegen. Menschen die leben möchten, sind ständig in Bewegung. Die Protagonisten, die in dieser Kampagne erscheinen sind nicht die Erfolgreichsten, sie sind diejenigen, die erfolgreich sein werden. Sie sind an dem Punkt in ihrem Leben, an dem sie das Ziel fast erreicht haben. Für mich ist das eine der interessantesten Phasen im Leben. Wenn ich Kunst kaufe, kaufe ich immer von Künstlern, die kurz vor dem Durchbruch sind. Für mich ist es langweilig, nur einmal im Jahr Kunst zu kaufen, ich muss einmal die Woche ein Kunstwerk kaufen. Daher investiere ich in junge Künstler, die sind billiger.

Wie schaffen Sie es, Glück in Ihren Bildern für den Zuschauer spürbar zu machen?

Wenn ich es spüre, werden die Betrachter es auch spüren. Ich muss das Foto an den Punkt bringen, an dem es sich für mich richtig anfühlt. Das dauert eine Weile, bis ich daran glaube, denn ich bin sehr kritisch. Wenn ich es glaube, glauben es andere – Gott sei Dank – auch.

Haben Sie jemals ein perfektes Bild geschossen?

Nein, das existiert nicht. Perfektion ist langweilig.

Was ist aufregend an dem Cîroc Projekt?

Diese Kampagne war für mich sehr interessant, weil ich das Unbekannte, das Unbewiesene den Nicht-Celebrity finden muss. Mit der Cîroc Kampagne suchen wir das Neue und das ist aufregend. Es ist das, was mein Leben mit so viel Spaß erfüllt. Natürlich ist es auch aufregend, mit Julia Roberts oder Angelina Jolie zu arbeiten, dennoch ist die Jugend immer aufregender, immer offener. Sie feiert mehr und liebt das Leben.

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Gibt es jemanden der verstorben ist, den Sie gerne fotografiert hätten?

Ich hätte liebend gerne Marilyn Monroe oder Greta Garbo fotografiert.

Sie haben auch Ihre Mutter fotografiert. Ist das schwierig, weil Sie sich so nah sind?

Nein. Meine Mutter ist meine Lieblingsperson. Normalerweise fotografiert man Menschen, von denen man denkt, dass man sie nicht bald wieder sieht. Mit meiner Mutter verbringe ich so viel Zeit, dass ich nicht den Drang spüre, sie zu dokumentieren. Ich habe ein Bild von ihr auf meinem Instagram und sie sieht unglaublich aus. Meine Mutter war schon immer meine Inspiration. Sie ist so stylish und so unprätentiös.

Können Sie sich noch an die Zeit kurz vor Ihrem Durchbruch erinnern?

Ich glaube wir erleben verschiedene Durchbrüche. In der ersten Phase wollte ich unbedingt arbeiten, aber niemand wollte mich. Dann traf ich Liz Connor von einem Magazin namens Overture 21. Es existiert nicht mehr. Sie war die Erste, die akzeptiert hat, dass ich Juwelen zu einem Shoot brachte und liess mich alles leiten. Sie gab mir zehn Seiten und das Cover und fragte mich, was ich damit machen möchte. Das war mein erster Durchbruch, nicht zum Ruhm, aber zu der Möglichkeit, das zu tun, was ich tun wollte. Die Gucci-Kampagnen, die ich in den 1990er Jahren geschossen habe, brachten mir den Durchbruch in der Modewelt. Als Madonna und Diana mich baten ihre Portraits zu machen, fing auch der Rest der Welt an, sich meinen Namen zu merken. Jetzt schieße ich seit 16 Jahren die Kampagnen für Burberry und ich empfinde es auch als einen Durchbruch, mit einer Marke konstant zusammen zu bleiben. So auch seit 11 Jahren mit Michael Kors. Irgendwann habe ich angefangen, Bücher und Ausstellungen zu machen. Wenn man durch ein Museum läuft und seine eigene Arbeit sieht, ist das ein unwirkliches Gefühl.

Diese Momente überraschen Sie also noch?

Total! Cîroc ist übrigens eines der ersten Unternehmen, das mich als Creative Director eingestellt hat. Ich mache die Fotos und übernehme die komplette kreative Leitung. Das ist eine sehr komplexe Sache: Morgens mache ich Presse, ich mache den Film, ich mache die Party am Abend, die Bearbeitung der Fotos, das Design der Seiten, die Layouts. Als Fotograf überlege ich mir eine Idee, dann denke ich nach über Requisite und Licht, über das Model, Kleidung, Haare und Make-up. Anschließend muss ich es perfektionieren. Das ist ein langer Prozess.

Sie machen ja viel Fashion-Fotografie. Was war ihr größter Mode-Fauxpas?

1972 habe ich eine Jeans getragen, die nicht das richtige Schwarz hatte. Ich glaube wir begehen alle ständig Fauxpas’. Als ich in den 80er Jahren anfing, dachte ich, dass ich die Briten nachahmen muss, weil ich so von ihnen beeindruckt war. Aber ich bin Lateinamerikaner und sah natürlich vollkommen verkleidet aus.

Wie angenehm, dass auch ein Mario Testino nicht perfekt ist und die Gelassenheit besitzt, über sich selbst zu schmunzeln. Das beruhigt! Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Testino.

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Interview Credit: CÎROC® Ultra-Premium Vodka has partnered with Mario Testino as the Creative Director and photographer of its international campaign, ‘CÎROC® On Arrival’, which celebrates the latest talent to have made it.

All campaign photo credits: Legendary photographer Mario Testino captured Helena Bordon and Mayana Moura, as part of the international campaign, ‘CÎROC® On Arrival’, for CÎROC® Vodka Ultra-­‐Premium Vodka. The campaign captures emerging talents from across the globe and their celebratory moments of arrival.

Images by Mario Testino for CÎROC® Ultra-Premium Vodka 

Behind-The-Scenes Credits: Behind-­the­scenes of the shoot at La Suite Hotel, in Rio de Janeiro: legendary photographer Mario Testino captures Helena Bordon and Mayana Moura, for the new CÎROC® Vodka international campaign, ‘CÎROC® On Arrival’

 

 

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